Ich habe eine Buchempfehlung gelesen: Das kleine Buch der Dankbarkeit von Dr. Robert A. Emmons.
Eigentlich lese ich keine Lebens-Ratgeber, wahrscheinlich werde ich auch dieses nicht lesen, aber es behandelt ein Thema, das ich wichtig finde. Die Dankbarkeit.
Die Frage: „Wieso sollten wir dankbar sein?“, wird jetzt bei dem Einen oder der Anderen hochkommen. Und diese Frage ist durchaus nachvollziehbar. Wir zerstören die Umwelt; wir manövrieren uns immer mehr in die Wahrscheinlichkeit eines großen Krieges; das Klima wandelt sich und wir müssen mit immer größer werdenden Katastrophen rechnen, Ernteausfälle und Klimaflüchtlinge inklusive; wir haben Angst vor unserer Zukunft und die unserer Kinder; die Menschen werden immer egoistischer und kümmern sich nur noch um sich selbst; wir fühlen uns übergangen und machtlos und also immer wieder schlecht. Also DANKE für was?
Menschen reagieren auf all diese Gefühle unterschiedlich, manche verhärten völlig und machen die Sache dadurch noch schlimmer. So begegne ich zum Beispiel im Alltag immer wieder Menschen, die verbohrt und unfreundlich sind für nichts und wieder nichts. Und das ärgert mich, obwohl es mir persönlich eigentlich egal sein könnte, aber diese Menschen in der U-Bahn, im Supermarkt, im Straßenverkehr, die machen ja etwas: sie streuen den Samen für noch mehr Härte und Unfreundlichkeit. Und das hat zur Folge, dass diejenigen, die es sich eigentlich anders wünschen, immer mehr das Gefühl bekommen, dumm oder naiv zu agieren und sie müssen dann kämpfen, sich von diesem negativen Verhalten nicht anstecken zu lassen.
Und nun also Dankbarkeit! Wieso? Was soll das bringen, wem sollen wir dankbar sein? Die Idee dahinter ist, dass wir bewusster auf unser Leben schauen, nicht nur auf die großen schrecklichen Nachrichten, die uns immer mehr Angst machen, sondern auch auf die Kleinigkeiten, die, wenn wir ehrlich sein wollen, unser Leben viel mehr bestimmen als die Welt-Nachrichten. Und wenn wir das tun, dann können wir feststellen, dass wir ganz viel haben, was wir uns nicht wirklich selbst erschaffen haben. Das beginnt mit unserem Leben und geht dann weiter mit den Umständen, die unser Leben betreffen. Wir haben es uns nicht verdient, zu leben, wir haben es uns nicht verdient, in einem so reichen Land wie Deutschland zu leben, wir haben es uns nicht verdient, dass wir vielleicht eine Familie oder einen Freundeskreis haben, der zu uns steht! Sicherlich können wir das eine oder andere beeinflussen, aber im Grunde ist es ein Geschenk!
Ich stehe morgens auf, gehe ein paar Meter bis in mein Bad und habe dort sauberes, warmes Wasser im Überfluss, in der Küche habe ich elektrische Geräte, die mir meine Ernährung sehr erleichtern, denn ich kann per Knopfdruck Kaffee machen, aus dem Kühlschrank gekühlte Lebensmittel entnehmen und mir bei Bedarf in Minuten etwas warm machen. In meinem Kleiderschrank befindet sich eine (viel zu) große Auswahl an Kleidungsstücken passend für alle Wetterverhältnisse. Wenn ich dann fertig bin, steige ich in mein Auto und fahre gemütlich zur Arbeit, bei der ich nicht 12 Stunden pro Tag gesundheitsschädliche Dinge tun muss, die meine Lebenserwartung halbieren….
Ich könnte das jetzt immer weiter führen, aber diesen Blick auf das eigene Leben muss Jeder und Jede für sich selbst tun! Wichtig dabei ist: Ich habe meine Annehmlichkeiten nicht mehr verdient als andere Menschen, die eben nicht die Möglichkeit haben, sauberes Wasser, Elektrizität, Bildung für entsprechende Berufe, Nahrungsmittel, Gesundheit fördernde Maßnahmen und so weiter in Anspruch zu nehmen. Und das kann uns natürlich wütend oder traurig machen und insgesamt unzufrieden, aber es kann uns für uns selbst auch dankbar machen!
Dankbar zu sein bedeutet etwas zu schätzen, es geht nicht um Höflichkeit, etwas das Vermögen, „Bitte und Danke!“ zu sagen, sondern es geht darum, dass man wertschätzt, was zum Beispiel mein Gegenüber mir zuteil hat werden lassen. Die Oma, die mit ihrem kaputten Rücken, dennoch einkaufen war und einen Kuchen gebacken hat, weil sie wusste, dass sie Besuch von ihren Enkeln bekommt! Die Aufmerksamkeit, die eine völlig Fremde mir gegenüber hat, wenn ich Hilfe brauche und sie sie mir anbietet. Das freundliche Lächeln des Brotverkäufers, das ganz aus ihm herauskommt und nicht, weil er es bei der Ausbildung so gelernt hat. Dankbar können wir für alles Mögliche sein, wir müssen nur hinschauen und wenn wir das tun, dann werden wir auch glücklicher. Forscher meinen sogar nachweisen zu können, dass Dankbarkeit auch positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat. Aber dieses Hinschauen müssen wir üben, denn sonst zerrinnt uns die empfundene Dankbarkeit wieder in unseren Händen.
Ich habe neulich einen Text aufgeschnappt, der mir hilfreich erscheint:
Reflektion des Tages
Was hat mich froh gemacht?
Wofür kann ich danken?
Was ist offen geblieben?
Was nehme ich mit?
Welche Menschen sind mir wichtig gewesen?
Für wen möchte ich beten?
Vielleicht möchten Sie das auch einmal versuchen…
Eine dankbare Zeit wünscht Ihnen
Iris Gronbach