Partizipation ist kein Selbstläufer!
Die Gruppen-Vertreter*innen des Kinder- und Jugendparlaments auf dem Campus kommen einmal pro Monat zusammen und besprechen relevante Themen. Begleitet und moderiert wird die Sitzung von einer Fachbereichsleitung. Weitere Fachkräfte stoßen bei zusätzlichen Beteiligungsthemen sporadisch dazu.
Wir treffen uns für die November-Sitzung im Casino. Als moderierende Fachkraft ist neben der moderierenden Fachbereichsleitung eine weitere Fachkraft dabei, die aktuelle Fragestellungen zu Campus-Freizeitangeboten mitbringt. Von den Kindern sind die Gruppen-Vertreter*innen aus den Teams des Campus fast vollzählig gekommen.
Nach einer Begrüßung werden die aktuellen Themen und Anliegen aus den Gruppen besprochen. Als weiteres Thema wird die neue Namensgebung des ehemaligen „Jungenhofs“ diskutiert. Die Kinder und Jugendlichen wollten – wie in der letzten Parlaments-Sitzung vereinbart, Namensvorschläge aus den jeweiligen Gruppen mitbringen. Im Gespräch wird schnell klar, dass sie sich die Kinder & Jugendlichen ohne Kenntnis geeigneter Kreativitäts-Methoden schwertun, quasi aus dem „Nichts“, Namen zu entwickeln. Wir versuchen es gemeinsam: Erste Namen werden in die Runde geworfen. Ein Junge ist für „Christian-Ronaldo-Platz“, nicht alle sind begeistert, aber nun kommen auch weitere Vorschläge von den anderen. Wir sammeln die Ideen, und auf Basis der Vorschläge sollen die Vertreter*innen weitere Namens-Ideen in den Gruppen generieren.
Ich habe im Rahmen des Campus-Projektes ein Thema mitgebracht: Es geht um die Einrichtung einer Bibliothek für die Kinder und Jugendlichen auf dem Campus. Ich frage, was den Kindern für eine Bücherei für die Kinder und Jugendlichen auf dem Gelände wichtig ist; „wie müsste diese aussehen, damit sie interessant ist und von Euch genutzt wird“. Anfangs läuft es noch etwas schleppend, aber ein 13-jähriges Mädchen arbeitet sogar in der Schul-Bücherei und hat sehr klare Vorstellungen. Dann kommen auch die Wünsche von allen anderen zu Räumlichkeiten, Ambiente, Inhalten, Ausweis, Katalogisierung, Ausleihe, Organisation, PC-Suche und Wiederauffindbarkeit der Medien. Alle Kinder und Jugendlichen haben konkrete Anforderungen. Das sehr belesene und „Bücherei-erfahrene“ Mädchen gibt viele Tipps für wichtige Buch-Titel, Bücher-Trends und „Must-Haves“ über verschiedene Altersstufen, die in einer solchen Bibliothek verfügbar sein sollten. Ich bitte die Kinder und Jugendlichen, das Thema in die Gruppen mitzunehmen und dort abzuklären, ob es weitere Wünsche bzw. Bedarfe gibt.
Anschließend wird der neue Termin für die Kinderrechte-Veranstaltung kommuniziert, und die Gruppensprecher*innen werden gebeten, innerhalb ihrer Teams zu klären, wer bei der nächsten Veranstaltung dabei sein wird.
Die Fachkraft, Teamleitung der Campus-Schule, spricht das Freizeitangebot auf dem Campus an und fragt nach der Nutzung und dem Interesse für die aktuellen Nachmittagsveranstaltungen. Zwei Vertreter*innen finden es schade, dass das Koch- und Backangebot derzeit nicht stattfinden kann und äußern den Wunsch nach einer Alternative. Der Teamleiter greift einen – in einer früheren Parlamentssitzung – vom der Kinder- und Jugendvertretung geäußerten Wunsch nach Sportangeboten sowie nach einer Kinder-Olympiade auf. Er informiert das Jugendparlament, dass der Wunsch nun umgesetzt werden soll und deshalb für Dezember eine Sport-Olympiade geplant ist.
Das nächste Treffen der KJV findet im Dezember statt und dieser Termin soll als Dankeschön und Weihnachtsessen für die Kinder- und Jugendvertreter*innen gestaltet werden, die sich in den letzten Monaten im Jugendparlament engagierten. Die Kinder freuen sich sichtlich. Die Fachbereichsleitung erfragt die Wünsche für ein Weihnachtsessen: Es wird wohl ein Buffet in einem chinesischen Restaurant.
Fazit/mein Eindruck:
Fast alle Kinder und Jugendvertreter*innen haben sich aktiv beteiligt, die Jüngeren sind zurückhaltender oder tun sich schwerer, sich zu konzentrieren, bei der Sache zu bleiben und ihre Inhalte und Wünsche klar zu formulieren. Die Älteren (ab dreizehn Jahren) sind überwiegend konzentriert und interessiert dabei.
Alle Kinder und Jugendlichen wirken gelöst und locker, auch wenn Themen in Diskussionen teilweise zäh anlaufen. Alle Kinder lassen sich gegenseitig Raum – auch bei unterschiedlichen Ansichten und Kommentaren.
Methodiken in der Zusammenarbeit (beispielsweise Kreativitätstechniken) müssen noch erlernt sowie demokratische Abläufe und Strukturen weiter verinnerlicht werden: wie z.B. „ausreden lassen, konzentriert dabei bleiben, sich einbringen“. Um die unterschiedlichen Altersstufen sowie auch unterschiedlichen Wissensstände aller Kinder- und Jugend-Vertreter*innen zusammenzubringen, bedarf es aktuell außerdem noch einer starken Steuerung und Einflussnahme durch die Fachkräfte.
Sehr schön finde ich die respektvolle Steuerung und Moderation der Sitzung sowie die gute Vorbereitung durch die Fachkräfte: jeder wurde aktiv einbezogen, die Kinder & Jugendlichen werden immer wieder wertschätzend zum inhaltlichen Thema zurückgeführt, sitzen sich zugewandt um einen Tisch, versorgt mit Getränken und dürfen sich am Ende noch etwas „Leckeres“ mitnehmen.
Partizipation von Kindern und Jugendlichen ist sichtbar kein Selbstläufer, es erfordert starke Steuerung, Arbeitseinsatz, Entwicklung, Erwerb und Übung demokratischer Abläufe mithilfe der begleitenden Fachkräfte.