Angestoßen durch verschiede Veröffentlichungen begann in Deutschland in den frühen 80`er Jahren eine Sensibilisierung dahingehend, in der deutschen Sprache nicht mehr grundsätzlich das generische Maskulinum zu verwenden, sondern immer auch die weibliche Ansprache mit zu berücksichtigen. Die Schreibweise variierte über die Jahre immer wieder: es wurde ein „in“ direkt oder mit Apostroph „`“ oder mit Sternchen „*“ am Wortstamm angefügt. Hintergrund war und ist, dass die ausschließliche Verwendung des generischen Maskulinums Frauen in der Sprache ausgegrenzt, vielleicht sogar diskriminiert – zumindest aber nicht explizit benennt. Es dauerte viele Jahre, bis sich die Inkludierung der weiblichen Ansprache im Sprachgebrauch etabliert hatte und wurde an verschiedensten Stellen immer wieder diskutiert. Heutzutage ist die auch weibliche Ansprache zumeist selbstverständlich.
Im Verlauf der letzten Jahre, und auf wissenschaftlicher Ebene schon viel länger, wird über die Macht der Sprache gesprochen. Über das, was wir mit Sprache deutlich machen können und ausdrücken wollen. Darüber, wie sehr Sprache ausgrenzen und auch diskriminieren kann – ob bewusst und offensichtlich, manchmal unabsichtlich und vielleicht auch aus mangelnder Sensibilität oder Unwissenheit. Diese sprachliche Form der Ausgrenzung bzw. Diskriminierung findet zumeist auf sehr unterschiedliche Arten und Weisen statt und betrifft unterschiedlichste Attribute. Es werden dadurch in der Sprache Menschen aufgrund ihrer ethnischen, sozialen, religiösen oder geschlechtlichen Identität oder weiterer Identitäten ausgegrenzt .
Sprache kann ausgrenzen, diskriminieren und Kategorien erstellen. Mit der Änderung des Personenstandsgesetzes vom 22.12.2018 wurde das Gesetz um das dritte Geschlecht „divers“ erweitert. Rund zwei Jahre später – am 05.12.2020 eröffnete die Ev. Jugendhilfe Godesheim die erste stationäre Wohngruppe Deutschlands für queere Jugendliche in Köln, eine weitere queere Wohngruppe ist für Bonn in Planung.
Das im Jahr 2021 eingeführte Kinder- und Jugendstärkungssetz fordert bei der Ausgestaltung der Leistungen und Erfüllung der Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe in § 9 Abs. 3. „unterschiedliche Lebenslagen von Mädchen, Jungen sowie transidenten, nichtbinären und intergeschlechtlichen jungen Menschen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern.“
Im Zuge der Arbeit und der Auseinandersetzung mit dem Thema ‚queer‘ und der gendersensiblen Sprache habe ich in den letzten drei Jahren viel gelernt. Ich habe versucht, meine Sprache zu verändern. Dies war am Anfang in manchen Punkten schwierig, weil es ungewohnt war und es gibt auch noch Formulierungen, die ich nicht automatisiert anwende. Aber es ist aus einem entscheidenden Grund meiner Meinung nach nicht schwierig, sondern absolut notwendig, die Sprache anzupassen und die eigene Haltung zu hinterfragen. Meine Haltung ist eine akzeptierende: für mich spielt das Gegenüber als Mensch eine Rolle und nicht die Person in ihrem „wie“. Sprache soll alle einbeziehen – alle ansprechen – den Menschen in seiner Vielfalt widerspiegeln.
Als Einrichtung sind wir noch in einem Lernprozess und versuchen nach und nach an verschiedenen Stellen, in Formularen, Berichten, persönlichen Ansprachen etc., unsere Sprache anzupassen. Wir möchten auf diesem Wege auch unsere Haltung deutlich machen. Ich würde mich freuen, wenn Sie/ Du / Ihr diesen Weg mit mir und uns geht. Mein Ziel! Unser Ziel?!
Petra Vogt, stellvertretende päd. Leitung