Die Jahreslosung für 2020 steht im Markus-Evangelium (9,24) und heißt:
Ich glaube; hilf meinem Unglauben!
Dieser Satz wird im Zusammenhang einer Heilungsgeschichte von einem schrecklich verängstigten Vater eines kranken Kindes geschrien! Und Schreien passt gut zu diesem Satz, denn ich finde, er ist auch einfach so für sich genommen emotional. Er widerspricht sich, im Grunde könnte man ihn auch absichtlich falsch verstehen. Er fühlt sich komisch an, aber irgendwie auch bekannt.
Was ist das mit dem Glauben?
Viele haben ihren Glauben verloren. Manche sehnen sich zurück zu ihrem schönen und sicheren Kinderglauben; manche sind vielleicht auch ein bisschen stolz, dass sie so etwas Naives und Unrealistisches aus ihrer Weltsicht verbannen konnten und schauen auf die noch Glaubenden mitleidig herab. Andere leiden darunter, ihren Glauben verloren zu haben, sie haben vielleicht etwas erlebt, das ihren Glauben erschüttert oder zerstört hat! Wieder andere haben durch schöne oder sogar durch schlimme Ereignisse ihren Glauben gefunden! Und bei wieder anderen kommt er einfach mit dem Alter.
Menschen treten in Scharen aus der Kirche aus, und wenn man sie befragt, warum, dann kommt als Antwort häufig, dass sie noch glauben, aber mit den Kirchen nicht mehr einverstanden sind. Irgendetwas bleibt anscheinend, auch wenn die Statistiken etwas anderes aussagen.
Ich glaube; hilf meinen Unglauben!
Ich kenne das, da denkt man, man hat alles in Griff, man betet, man ist dankbar, alles läuft seinen Weg und man fühlt sich gut und sicher aufgehoben. Und dann steht etwas an: eine Prüfung, eine Krankheit, eine Trennung, ein Neubeginn und plötzlich ist man verunsichert! Diese ganze Kraft, die man vorher gespürt hat, sie ist weg; das Gottvertrauen, auf das man in guten Zeiten so gebaut hat, es ist nicht mehr greifbar! Und das ist ärgerlich, man fühlt sich dann schwach, vielleicht auch falsch, als hätte man anderen und sich selbst etwas vorgelogen! Oder als hätte man etwas falsch gemacht! Die Gebrauchsanweisung für den Glauben nicht richtig angewendet! Nicht oft genug in der Kirche gewesen, nicht aufmerksam genug die Bibel gelesen, nicht richtig gebetet, die geforderte Nächstenliebe nicht gelebt… Aber so ist das nicht.
Ich glaube; hilf meinen Unglauben!
Der sich um seinen Sohn sorgende Vater erkennt es, wie das ist mit dem Glauben. Wir werfen uns mit unserem Glauben Gott vor die Füße! Und mit uns auch alles, was uns ausmacht…unsere Ängste, unsere Freude, unsere Unsicherheit, unser Können, unser Scheitern, unseren Erfolg, unsere Liebe und unsere Enttäuschung…wir geben es in Gottes Hand. Und das gelingt mal mehr, mal weniger, das hängt davon ab, wie wir gestrickt sind und welche Erfahrungen wir gemacht haben. Aber es entlastet! Ich muss „Glauben“ nicht leisten, ich darf darum bitten, ich kann darauf hoffen! Und das gelingt dann auch nicht immer! Manchmal finden die Menschen ihren Zugang zum Glauben nicht. Manchmal haben sie Glauben und Vertrauen, aber es bringt ihnen Nichts! Und das ist enttäuschend und unmotivierend, aber es gehört zum Leben dazu, dass wir nicht allein nach unserem Willen leben können. Was bestimmt gut ist, und letztendlich auch entlastend, denn so müssen wir die Schuld für die schlimmen Dinge, die passieren nicht immer bei uns selbst oder unseren Nächsten suchen.
Der Sohn des um Hilfe schreienden Vaters wird gerettet. Jesus schafft, was seine Jünger nicht vollbringen konnten. Dem Unglauben des Vaters ist geholfen, er hat sich ganz in Gottes Hand gegeben und wurde nicht enttäuscht! Eine Heilungsgeschichte, die Hoffnung macht, auch wenn so viel dagegenspricht!
2020 hat gerade erst angefangen, auch in diesem Jahr wird wieder viel passieren… Schönes und Schreckliches, Dinge, die uns bestärken und Dinge, die uns fertig machen! Wir werden Glauben brauchen und sicher werden wir ihn auch immer wieder anzweifeln. Das Offensein für Gott als ein Gegenüber, dem ich mich in allem, was ich habe und bin, zumuten kann, erscheint mir eine gute und hilfreiche Art ins Neue Jahr zu starten!
Ein ereignisreiches und frohes 2020, in dem Ihnen Glauben, Liebe und Hoffnung geschenkt werden, wünsche ich Ihnen,
Ihre Iris Gronbach