Die Jahreslosung für 2019 ist recht kurz. Und sie hat einen großen Aufforderungscharakter, fast schon ein bisschen Befehlsform…
Suche Frieden und jage ihm nach! Psalm 34,15
Da ist es ja, das neue Jahr! Herzlich Willkommen 2019!
Weihnachten, Ferien, Silvester… alles haben wir irgendwie hinter uns gebracht, die einen gestresst, die anderen besinnlich. Viele haben „in Familie“ gemacht und die Überschrift war klar: Weihnachten, das Fest der Liebe!
Da passte die Jahreslosung 2019 doch schon am Ende des vergangenen Jahres. Denn genau das haben Viele bei diesen Familienzusammenkünften krampfhaft probiert: Frieden suchen!
Dabei wäre vielleicht etwas ganz anderes dran gewesen. Aufarbeiten von schlecht gelaufenen Situationen, Klärung von Beziehungen, Regeln für das Miteinander, aber stattdessen wurden diese Dinge vorsichtig umschifft, denn man wollte ja nicht das friedliche Weihnachtsfest zerstören! Dabei hätte Klärung vielleicht gerade das geschafft: Frieden! Stattdessen gingen viele in Deckung, haben dieses Fest ertragen und atmen nun durch bis zur nächsten Feier, die es dann auch wieder friedlich abzuhalten gilt. Ich denke, diese Art Frieden ist nicht gemeint mit der Jahreslosung!
Suche Frieden und jage ihm nach! Eigentlich ein irritierender Satz, dieses „Jagen“, das wirkt gar nicht so friedlich in heutigen Ohren. Aber ehrlich gesagt, gefällt mir das, denn es hat so einen aktiven Teil. Es hat so eine andere Komponente als die gewöhnlichen friedlichen Momente, zum Beispiel, wenn man sich für eine Stunde in den Kreuzgang einer schönen Kirche begibt, oder eine Woche ans Meer setzt, das ist friedlich, aber irgendwie passiv friedlich. Ich begebe mich dann in einen Bereich, der mir Frieden verschafft, aber ich mache ihn nicht selbst! Frieden braucht Einsatz und der kann ganz unterschiedlich sein. Meist hat er mit Gesprächen zu tun! Wir besprechen vieles, wir setzen auf Kommunikation, wir bauen Räume dafür auf, setzen Regeln fest. Und das ist dann manchmal so ein bisschen wie auf den Familienfeiern. Onkel Paul kommt, also reden wir besser nicht über Politik am Abend, denn der steigert sich immer so rein und dann ist der friedliche Abend gelaufen. Oder die Schwester kommt mit ihren verzogenen Kindern, aber Kritik üben ist nicht, sonst schmollt sie wieder 3 Monate lang, wie letztes Jahr. Ach und schön wäre es, wenn der Vater nicht die Tattoos zu Gesicht bekommt, er weiß zwar, dass da welche sind, aber er ärgert sich halt immer wieder über diese „dumme Selbstverstümmelung“. Ist das der Frieden, den wir suchen sollen? Gäbe es Alternativen?
Der alttestamentliche Friedensbegriff meint nicht die Abwesenheit von Streit oder gar kriegerischer Auseinandersetzung, sondern er meint in erster Linie Heil, Unversehrtheit, Wohlergehen und Vollständigkeit. Er geht also weiter. In Bezug auf die persönlichen Beziehungen, die wir haben, deute ich das so, dass wir den Menschen um uns herum doch mehr von uns selbst zumuten müssen. Auch wenn sie dann vielleicht vor den Kopf gestoßen werden, sich mit unliebsamen Meinungen auseinandersetzen müssen, Dinge anschauen müssen, die ihnen nicht gefallen. Denn der Friede drückt sich nicht allein darin aus, dass es bei einem Treffen keinen Streit gab, sondern auch darin, wie wir uns dabei gefühlt haben. Konnten wir uns so geben, wie wir sind? Konnten wir frei sprechen uns frei verhalten? Fühlten wir uns akzeptiert bei all den Gegensätzen, die sicher immer vorhanden sind?
Und wenn das so ist, wenn wir Menschen, Orte, Situationen gefunden haben, bei denen wir uns heil fühlen, dann sollten wir diesem Zustand nachjagen, behutsam natürlich, bevor wir andere verschrecken und alles zerstören.
Suche Frieden und jage ihm nach!
Das scheint mir ein guter Vorsatz für das Neue Jahr. Beziehungen, die gut tun, wollen gepflegt werden. Menschen, die einem gut tun, sollten das bestenfalls wissen! Frieden ist nicht nur etwas, was von außen kommt, er hat oft mit unserem Einsatz, mit unserer Einstellung zu tun.
Ich wünsche uns, dass wir echten Frieden finden und ihm erfolgreich nachjagen können!
Ihre Iris Gronbach