So ein kleines bisschen habe ich schon gehadert, ob ich den neuen Werbespot von EDEKA nun wirklich zum Thema meiner Andacht für den Monat Dezember nehmen soll. Aber dann habe ich mir gedacht, dass es darauf ja auch nicht mehr ankommt, wir werden im Moment eh überflutet von Werbung und Einkaufsaufforderungen, da fällt der noch nicht einmal produktbezogene Spot auch nicht ins Gewicht.
Und wahrscheinlich kennen Sie ihn auch schon. Es ist ein Filmchen von knapp 2 Minuten. Wir sehen einen älteren Herrn, der die Weihnachtszeit alleine verbringt, weil seine Kinder es nicht geschafft haben… aber nächstes Mal bestimmt… und es vergehen 3 Weihnachtsfeste, die der ältere Herr immer allein in seinem schönen Zuhause verbringt. Auf einmal wechselt der Ort und wir sind in Asien, dann bei einer jungen Familie und dann in einem Krankenhaus. Drei Menschen bekommen eine traurige Nachricht, es ist sehr schnell klar, dass es sich um die Kinder des älteren Herrn handelt. Die Nachricht ist: Der Vater ist gestorben, die Beisetzung an dem und dem Tag. Alle 3 erwachsenen Kinder machen sich mit ihren Familien auf den Weg zu ihres Vaters Haus, sie treffen sich, sind in schwarz gekleidet und voller Trauer. Aber irgendetwas ist komisch. Da sind Kerzen an im elterlichen Haus, der Tisch ist festlich gedeckt und jemand in der Küche. Überraschung! „Opa“ ist gar nicht tot. Er begrüßt sie mit den Worten: Wie hätte ich Euch denn sonst alle zusammen bringen sollen, hm? Die Kinder und Enkel fallen ihm weinend, aber glücklich um den Hals und man kann es dann noch kurz sehen, es wird ein fröhliches, leckeres und harmonisches Zusammen sein! Am Ende erscheint ein Schriftzug: Zeit heimzukommen.
Die Internetgemeinschaft ist gerührt. Das Video wird geteilt und empfohlen und ist schon mehr als 30 Millionen Mal angeklickt worden, Tendenz steigend. Mich hat das Video auch berührt, wenn mir auch gleich der Gedanke gekommen ist, dass es vermutlich nicht auf so ein harmonisches Fest hinausgelaufen wäre, wenn es statt in einem Videospot in der Realität stattgefunden hätte. Ich denke, ich wäre nach der ersten Erleichterung ziemlich sauer, dass mein Vater mich so angelogen hat, wahrscheinlich würde das im Moment auch meine Scham über meine offensichtliche Vernachlässigung überstrahlen.
Aber es ist ja nur ein Video und als solches hat es für mich eine klare Aussage: Feiert das Leben, solange es geht! Denn das Berührende an dem Video sind ja nicht die Schauspieler, die Musik oder das Essen am Ende, sondern das Wissen darüber, dass es immer wieder im Leben dazu kommt, dass wir so Manches bedauern, das wir aber nicht mehr rückgängig machen können. Und gerade beim Thema Tod wird das besonders deutlich. Da stehen wir dann am Totenbett oder am Grab eines geliebten Menschen und uns fällt ganz viel ein, was wir noch hätten sagen wollen oder geplant hatten miteinander zu unternehmen. Aber entweder ergab sich die Gelegenheit nicht oder wir waren zu feige, oder schlicht zu träge. Vielleicht haben wir auch einfach immer nur die falschen Prioritäten gesetzt und wahrscheinlich war es uns sogar bewusst, aber wir haben nichts dagegen unternommen! Und dann geht es auf einmal nicht mehr. Das ist traurig für uns selbst, aber natürlich auch für die, die dann nicht mehr erleben konnten, dass Versprechen wahr, Gefühle ausgesprochen und Wünsche erfüllt werden.
In den Medien wurde viel darüber diskutiert, ob Edeka das darf, so ein Video drehen zum Thema Weihnachten, das so offensichtlich auf die Tränendrüse drückt… Und das ja die Weihnachtsbotschaft so schrecklich banal herunter bricht.
Ich finde, Edeka darf das. Jeder darf in die öffentliche Diskussion etwas einbringen, was uns nachdenklich macht, was uns überlegen lässt, was uns wichtig ist. Wir sind ja dann frei zu sagen: „Das ist Kitsch, das mag ich nicht!“ Oder wir schauen uns das an und buchen einen Flug hin zu einem Menschen, der uns am Herzen liegt und den wir schon viel zu lange nicht mehr gesehen haben! Oder wir fühlen uns einfach gut, weil wir nicht zu denen gehören, die sich ständig ablenken lassen von den wirklich wichtigen Dingen, und die die ihnen nahen Menschen hegen, vielleicht auch pflegen.
Und nein, das Video sagt nichts über die eigentliche Weihnachtsbotschaft, über die Geburt von Jesus Christus, über das Gott uns nahe Kommen in diesem Kind, das für so viele Menschen die Rettung und das Heil bedeutet, aber das wäre sicher auch der falsche Anspruch an eine Image-Kampagne eines Supermarktes.
Dazu kann sich ja jeder seine Gedanken machen oder in die Kirche gehen oder am besten beides!
Eine besinnliche Adventszeit und frohe Feiertage wünscht Ihnen
Iris Gronbach