Ich habe mich in den letzten Wochen mit dem Thema Angst beschäftigt und vermutlich wird es mich auch noch weiter beschäftigen. Ich denke, vieles in unserer Gesellschaft, was im Moment nicht gut läuft, liegt an einem Angstgefühl, das in diversen Themenbereichen geschürt wird.

Wir haben Angst vor diesen ganzen Flüchtlingen, die unsere Gelder verschlingen, uns unsere Religion austreiben, unser Essen, unsere Traditionen, unser Frauenverständnis verändern werden! Bei manchen hört es sich so an als würde es Deutschland und die Deutschen in ein paar Jahren nicht mehr geben!

Wir haben Angst vor dem Ersticken! Feinstaubpartikel und Stickoxid überall um uns herum und was für ein Glück, die Schuldigen sind auch schon gefunden: Es sind die Diesel-AUTOS!

Wir haben Angst vor unserer Ernährung, nicht nur vor der gammeligen oder giftigen, sondern auch vor der ganz normalen… Oder besser vor den Inhaltsstoffen, Gluten, Laktose, Zucker, Fett, etc…etc… Irgendein Comedy-Star hat neulich gesagt, dass heutzutage Werbung für Nahrungsmittel mit den Inhaltsstoffen, die NICHT drin sind, gemacht wird!

In Bonn im Haus der Geschichte gibt es im Moment eine Ausstellung, die „German Angst“ heißt. Die Ausstellung hat mir gut gefallen, denn sie erinnerte mich an die Ängste, die auch in meiner Vergangenheit schon stark geschürt worden sind. Ich bin aufgewachsen mit dem Gefühl, dass es bald keine Bäume mehr gibt in Deutschland! Ich erinnere mich an den sauren Regen und die Kampagnen von damals. Ich erinnere mich auch, dass ich die Auswirkungen des sauren Regens mit eigenen Augen im Wald gesehen habe und dass ich traurig war! Wenn ich heute durch den Wald gehe, sehe ich auch manchmal kranke Bäume, aber ich sehe auch viele schöne und gesunde und das macht mich sehr froh!

Auch andere Ängste, die wir Deutschen in der Vergangenheit hatten, werden im Haus der Geschichte dokumentiert: Da gab es schon einmal die Angst vor den vielen Flüchtlingen in den 90ern während des Jugoslawien-Kriegs; die Sorge vor einem nahenden Atomkrieg; die Angst vor den Folgen der Atomkraftwerke, besonders nach dem Gau in Tschernobyl; die Ablehnung gegenüber der Volkszählung, die angeblich die Bürger zum gläsernen Menschen und die Regierung zum Überwachungsstaat machen wollte…

Diese Ängste hatten zum Teil auch positive Folgen: Ein anderes Bewusstsein für Umweltschutz (6 Wochen nach dem Unfall in Tschernobyl gab es in Deutschland erstmalig einen Bundesumweltminister); und Menschen, die für Frieden auf die Straßen gingen! Aber diese Ängste haben auch viel Unruhe gebracht und jungen Menschen Zuversicht für ihre Zukunft geraubt.

Das war und ist sicher nicht der beste Umgang mit den Menschen, die heute heranwachsen. Wohin sollen sie ihre Fühler, ihre Energie ausstrecken, wenn sie der Meinung sind, dass sich alles eh nicht lohnt!? Das geht auf Kosten der Lebensqualität, das kann lähmen oder einen auf die falsche Spur bringen! Warum sollten wir uns für die Umwelt engagieren, wenn alle behaupten, dass unser Planet eh in ein paar Jahrzehnten völlig kollabiert!? Warum sollten wir auf unsere Gesundheit achten, wenn wir dauernd erfahren, wie ungesund alles um uns herum ist!? Warum sollten wir uns um ein gutes Miteinander bemühen, wenn überall nur davon die Rede ist, dass sowieso nur jeder auf sich selbst Acht gibt und alle am Ende allein sind!?

Wirf deine Angst

in die Luft

Bald

ist deine Zeit um

bald wächst der Himmel

unter dem Gras

fallen deine Träume

ins Nirgends

Noch

duftet die Nelke

singt die Drossel

noch darfst du lieben

Worte verschenken

noch bist du da

Sei was du bist

Gib was du hast                (Rose Ausländer)

Gib, was du hast! Liebe, Worte, Zeit, Freundschaft, gute Laune, Essen, Geld, Räume, Aufmerksamkeit, Respekt, Mitgefühl,…

Wenn wir geben, was wir haben, bekommen wir auch etwas zurück! Freude, Elan, Kraft, Beistand, Liebe, das Gefühl, das Richtige zu tun, Gemeinschaft und so weiter du so fort!

Alle Ängste, die uns nicht retten, weil sie uns davor bewahren, etwas Dummes oder Gefährliches zu tun, können wir in die Luft werfen und uns auf positive und Kraft spendende Weise damit beschäftigen, was Leben bedeuten kann!

Eine zuversichtliche Zeit wünscht Ihnen,

Ihre Iris Gronbach