Bitte lächeln

Bitte lächeln…
Gerade habe ich in einer Kolumne einen Beitrag gelesen, in dem eine Frau sich darüber ausließ, wie sehr ihr Liebe in Deutschland fehlt Sie meinte damit nicht DIE Liebe, sondern Liebe, im Sinne von Freundlichkeit und Offenheit. Sie war gerade aus einem wunderbaren Urlaub an der Karibik nach Hause (Berlin!) gekommen und tat sich sehr schwer mit dem heimatlichen Umgang mit Anderen.
Ich war noch nie an der Karibik und ich wohne (zum Glück!) auch nicht in Berlin, aber ich weiß trotzdem genau, was sie meint: Das Klima unter den Mitmenschen ist häufig  schlecht, das ist auch schon länger so, aber mittlerweile scheint es immer schlimmer zu werden. Das fällt im „echten“ Leben auf, aber auch im medialen Miteinander noch viel mehr! Am Ostersonntag war ich im Gottesdienst, es wurde auch das Abendmahl gefeiert, da es eine große Kirche war, mussten mehrere Runden gemacht werden. Die Menschen, die das Abendmahl schon empfangen hatten, gingen zurück zu ihren Plätzen und fingen rücksichtslos an, sich in normaler Lautstärke miteinander zu unterhalten. Dass da vorne im Altarraum noch etwas passierte, das für viele Menschen eine wichtige und heilige Angelegenheit ist, interessierte einige Anwesende kein bisschen.
Geht man heutzutage durch die Stadt gerät man ständig an Menschen, die sich über das, was ihnen nicht gefällt lautstark auslassen. Sie schimpfen, pöbeln, geben ihren negativen Gefühlen und Gedanken freien Lauf! Und fühlen sich dabei immer im Recht! Es sind die anderen, die es falsch sehen, falsch machen, sich daneben benehmen!
Und im Internet gibt es eine Haltung des „Das wird man doch wohl mal sagen dürfen!“ und tut damit gleich so, als wäre jeder, der es anders meint, ein Mensch, der die Meinungsfreiheit unterdrückt. Dabei geht es dann meist nicht um Meinungen, sondern um Beschimpfungen, Hetze und Verleumdungen! Menschen, die solchen Anfeindungen widersprechen, bekommen dann auch gleich noch eine Packung, dabei wird dann meist nicht sachlich argumentiert, sondern andere Dinge werden dann hinzu gezogen, um den  Menschen, der sich wagte, etwas anderes zu „meinen“ fertig machen kann!
Eine kurze Geschichte:
Vor den Toren der Stadt saß einmal ein alter Mann. Jeder, der in die Stadt wollte, kam an ihm vorbei. Ein Fremder hielt an und fragte den Alten: „Sag, wie sind die Menschen hier in der Stadt?“
„Wie waren sie denn dort, wo Ihr zuletzt gewesen seid?“, fragte der Alte zurück.
„Wunderbar. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Sie waren freundlich, großzügig und stets hilfsbereit.“
„So etwa werden sie auch hier sein.“
Dann kam ein anderer Fremder zu dem alten Mann. Auch er fragte: „Sag mir doch Alter, wie sind die Menschen hier in der Stadt?“
„Wie waren sie denn dort, wo Ihr zuletzt gewesen seid?“, lautete die Gegenfrage.
„Schrecklich. Sie waren gemein, unfreundlich, keiner half dem anderen.“
„So, fürchte ich, werden sie auch hier sein.“

Der Mann vor den Toren redet wirr, könnte man meinen, aber sehr schnell verstehen die Meisten, was diese kleine Geschichte sagen will! Das Auftreten unserer gegenüber hängt mit einem nicht unerheblichen Teil von unserer Art des Auftretens ab. In einem Satz ausgedrückt: Wie man es in den Wald hineinruft, so schallt es wieder hinaus! Das ist nichts Neues, aber dennoch etwas, was viele Menschen immer wieder vergessen! Denn Viele dieser wütenden und pöbelnden Menschen sind enttäuscht und traurig darüber, dass sie nicht freundlich und zuvorkommend behandelt werden. Sie sehen in dem Verhalten ihnen gegenüber oft nur eine Bestärkung darin, dass alles schrecklich und schlimm geworden ist, ohne wahrzunehmen, dass sie selbst Schreckliches und Schlimmes tun! So wie ja auch der 2. Fremde besorgt und fast schon ängstlich den alten Mann vor den Toren fragt, wie die Leute in der Stadt sind. Diese Menschen möchten eigentlich gut und respektvoll behandelt werden, sie sind empört und verletzt, dass es nicht geschieht, aber sie sind auch nicht bereit sich den Spiegel vorhalten zu lassen!
Wir alle können unsere Welt, die uns oft düster und unfreundlich erscheint ein wenig aufhellen, indem wir den Anderen freundlich begegnen. Das fängt schon mit der Wahrnehmung meines Gegenübers an. Wie schön ist es, wenn man durch die Stadt geht und dort schaut mir einer in die Augen und lächelt freundlich! Einfach so, nicht, weil er ein Anliegen hat, sondern einfach weil man froh ist in andere freundlich schauende Augen zu blicken! Wie wichtig das ist, ist mir klar geworden als ich mal ein Interview mit mehreren bettelnden Obdachlosen gelesen habe, von denen viele sagten, dass es nicht das Schlimmste wäre, wenn das Betteln kein Erfolg hat, aber dieses Ignoriert werden wäre schmerzlich. Es würde ja keinen etwas kosten, einen anzuschauen oder zurück zu grüßen…
Und so ist das in vielen Alltagssituationen: Es kostet nichts, Anderen Hilfe anzubieten, wenn sie mit schweren Einkaufstüten beladen sind oder den Kinderwagen nicht allein die Stufe im Bus hinauf- oder hinunter tragen können. Es kostet nichts, einem traurigen Menschen ein wenig Anteilnahme zu schenken, anstatt sich abzuwenden, weil man denkt, es könnte ihm peinlich sein beim Traurig Sein erwischt worden zu sein! Es kostet nichts, den spielenden, vielleicht auch Krach machenden Kindern, ein Lächeln zu schenken und sich mitzufreuen, dass sie so viel Spaß haben! Viele Sachen, Handlungsweisen kosten nichts, aber geben uns ganz viel wieder: Mitgefühl, Verständnis, Gemeinschaftsgefühl, Zusammenhalt, Glück…
Wir können meist an den großen Dingen nichts ändern, aber die kleinen Dinge liegen in unserer Hand und sie ziehen Kreise im Positiven wie auch Negativen.
Einen freundlichen Umgang wünsche ich Ihnen,

Ihre Iris Gronbach