UPS!!!

Da gibt man sich Mühe, bedenkt den politisch korrekten Umgang, denn schließlich ist man sensibilisiert und möchte keineswegs in die Dumpfbacken-Ecke geraten und dann sowas! Man kann da schnell ein bisschen Mitleid bekommen, denn man weiß instinktiv: das hätte mir auch passieren können.
Andererseits so mit der Karikatur von Phil Hubbe vor Augen, fragt man sich schon, wie kann das eigentlich passieren? Was treibt uns Menschen dazu Andere immer wieder in Schubladen zu packen?

Wie wäre es stattdessen mit echter Kommunikation, mit aufeinander Zugehen? Offensichtlich ist ja Interesse vorhanden, schließlich beginnt die „politisch Korrekte“ in der Zeichnung ein Gespräch mit Sabine und Rainer, nur halt völlig verquer.
Natürlich steckt da eine gute Portion Unsicherheit hinter, aber damit mag man auch nicht immer alles entschuldigen. Und wir machen das ja durchaus auch in weniger unsicheren Situationen. Da spricht man dann bei einer Party lange Zeit mit der Ehefrau vom Chef ohne zu wissen, wie sie eigentlich heißt und was sie so macht! Oder man verbringt, ganz wohlwollend, Zeit mit Flüchtlingen (oder heißt  es Asylsuchende J?) und weiß nachher gar nichts von ihnen, ihrer Heimat und den Umständen, die sie hierhin gebracht haben.

Ich denke, wir versuchen es uns leichter zu machen. Wir „sortieren“ Menschen und haben dadurch vielleicht die Hoffnung, dass wir dann wissen, wie wir mit ihnen umgehen können. Ich sehe das auch in anderen Bereichen: in Schulen, wo Schüler beurteilt werden mit Sätzen wie: „Der Patrick ist so wie der Markus, der vor 3 Jahren bei uns war, nur er kann wesentlich besser Mathe!“ Viele denken dann, sie hätten damit schon etwas erarbeitet, geschafft. Ganz wenige sind dann sogar so gewissenhaft, dass sie in den Akten nachschauen, wie es denn genau mit Markus war… Aber das ist natürlich Unsinn, denn der Patrick mag einen an Markus erinnern, aber er ist etwas ganz Eigenes und das ist auch gut so! Es täte Not, sich mit Patrick zu beschäftigen, ihn wahrzunehmen und kennenzulernen mit seinen speziellen Eigenheiten und Eigenschaften, statt auf Nebenschauplätzen zu forschen! Und so ist es auch mit den Blinden, den Gehbehinderten, den Asylsuchenden, den verschiedenen Berufsgruppen, den Sternzeichen, den Homosexuellen, den AfD-Wählern, den Fußballfans, den Männern, den Frauen und so weiter und so fort!!! Es ist niemals so, dass man Alle kennt, wenn man EINEN kennt. Und darum bringt das auch nichts mit den Schubladen, außer immer wieder mal Frust, besonders für die, die in den Schubladen sind. Und Arbeit für die, die dann feststellen müssen, dass sie Leute aus ihren Schubladen wieder herausziehen müssen, weil das irgendwie so gar nicht passen will!

Paulus beschäftigte sich immer wieder mit dem Miteinander der Menschen in Gemeinschaften und so schrieb er im Philipperbrief im 2. Kapitel: „Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.“

Das hört sich doch gut an! Aber was dient denn nun den Menschen? Dass sie in möglichst sorgsam aufgeteilte Kategorien eingeteilt werden und dementsprechend auch betitelt werden? Naja, vielleicht ist das dem einen oder der anderen wichtig!? Aber viel wichtiger ist es doch geachtet zu werden, wertgeschätzt, akzeptiert…

Vieles von dem, was wir so Tag für Tag tun ist eitel, es geht doch im Grunde nicht darum, wie ich politisch korrekt Gruppen tituliere, sondern es geht darum, wie ich mich diesen Gruppen gegenüber verhalte. Aber mit dem Wissen von den angemessenen Begriffen kann man schön angeben: Seht her, ich bin bemüht, ich erkenne hier eine Minderheit, ich hab es drauf! Aber wenn ich dann die Menschen mit Missachtung behandele oder sie schlechter behandele als Andere, dann ist der korrekte Begriff völlig egal. Noch dazu kommt, dass diese politisch korrekten Begriffe ganz häufig in dem Augenblick, wo sie einen negativ besetzten Ausdruck ablösen sollen, genau mit dem negativen Inhalt wieder gefüllt werden.

Und das bedeutet, wir müssen nicht neue Wörter und Bezeichnungen lernen, sondern, wir müssen uns darauf besinnen, dass unsere Nächsten Achtung und Ehre verdienen, egal zu welcher Minderheit sie vielleicht auch gehören mögen oder eben auch zu einer Mehrheit, was ja manche Menschen auch geringschätzen. Hilfreich und gut im menschlichen Miteinander sind Akzeptanz, Interesse, Liebe und ja auch Demut, obwohl Letzteres nicht unbedingt das angesagteste Wort sein mag. Aber wenn wir genau hinschauen, ist es durchaus angemessen, denn dann können wir feststellen, wie stark manche Menschen, die uns vielleicht schwach vorkommen, schon sein mussten!

Also lasst uns genauer hin schauen, lernen wir Sabine, Rainer, Achmed, Samira und wie sie alle heißen kennen, dann werden wir feststellen, die Schubladen und Etiketten sind unnötig, aber das echte, wahre Miteinander beschenkt uns ALLE.

Einen schönen September wünscht Ihnen, Ihre Iris Gronbach