Der Sinn des Lebens

Der Neurologe und Psychiater Viktor Frankl schreibt in seinem Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen“, das er nach seinen Erfahrungen beim Überleben von vier Konzentrationslagern geschrieben hat, folgende Gedanken über den Sinn des Lebens:

Was hier not tut, ist eine Wendung in der ganzen Fragestellung nach dem Sinn des Lebens: Wir müssen lernen und die verzweifelnden Menschen lehren, daß es eigentlich nie und nimmer darauf ankommt, was wir vom Leben noch zu erwarten haben, vielmehr lediglich darauf: was das Leben von uns erwartet! Zünftig philosophisch gesprochen könnte man sagen, daß es hier also um eine Art kopernikanische Wende geht, so zwar, daß wir uns selbst als die Befragten erleben, als diejenigen, an die das Leben täglich und stündlich Fragen stellt – Fragen, die wir zu beantworten haben, indem wir nicht durch ein Grübeln oder Reden, sondern nur durch Handeln, ein richtiges Verhalten, die rechte Antwort geben. Leben heißt letztlich nichts anderes als: Verantwortung tragen für die rechte Beantwortung der Lebensfragen, für die Erfüllung  der Aufgaben, die jedem einzelnen das Leben stellt, für die Erfüllung der Forderung der Stunde.

Ich finde, das ist eine spannende Herangehensweise an die Frage nach dem Sinn des Lebens. Überhaupt ist dieser Viktor Frankl ein spannender Mensch gewesen. Seine Eltern, sein Bruder und seine Frau starben alle in Konzentrationslagern, er selbst hat 4 Lager überlebt und nach dem Krieg setzte er sich sehr schnell für eine Versöhnung ein, da nur sie Sinn bringen könnte nach den schrecklichen Dingen, die im 2. Weltkrieg stattgefunden haben. Frankl wurde Professor in Wien und hat im Laufe seines Lebens weltweit 29 Ehrendoktortitel verliehen bekommen. Der Sinn des Lebens war immer wieder Thema in seinen Büchern, von denen er 32 geschrieben hat.
Und hier haben wir jetzt einen Text, der uns die Frage nach dem Sinn des Lebens einmal zurückgibt. Nicht dieses Grübeln, was wird aus mir werden; was hält das Schicksal, Gott, die Zukunft noch für mich bereit? Stattdessen werden wir hier aufgefordert,  die Anforderungen des Lebens, des Alltags als Frage an uns selbst anzusehen. Da ist eine Situation, die uns nicht gefällt. Und das Leben fragt uns: Was machst Du damit? Wie verhältst Du Dich? Und wir antworten…je nachdem mit Nichtstun, Wegschauen, Eingreifen, Mitmachen…was auch immer!
Ich halte diesen Auszug aus Frankls Buch für sehr Nachdenkens wert. Denn wie oft fragen Menschen in schwierigen Situationen: Warum ich? Warum werde ich gestraft? Was soll diese Ungerechtigkeit? Wozu soll das gut sein? Und die Menschen, die sich diese Fragen anhören, haben keine vernünftige Antwort. Sie sagen manchmal: „Das ist eine Prüfung!“ Oder: „Jeder bekommt, was er verdient!“ Oder: „Das weiß alleine Gott und das dürfen wir nicht hinterfragen!“ Aber all diese Antworten fühlen sich furchtbar an und helfen nicht weiter.
Es soll eine Prüfung sein, wenn jemand sein Kind wegen eines sinnlosen Anschlags verliert??? Prüfung für was? Ob er seinen Glauben behält? Ob er auch in schweren Zeiten zu Recht kommt? Und wer prüft? Gott? So wie im alten Testament bei Hiob, als eine Art Wette? Na, ich hoffe SEHR, dass es nicht so ist!!!
„Jeder bekommt, was er verdient!“??? Ist das unsere Lebenserfahrung? Und wenn ja, was macht das mit unserem Mitgefühl? „Oh, da verhungert ein Kind auf der Straße! Naja, es wird es wohl verdient haben…“ „Die Nachbarin, die immer von ihrem Mann geschlagen wird…naja, sie wird ihn auch schon irgendwie provozieren.“ Unerträglich ist so eine Sichtweise auf das Leid anderer und das nicht erst seit den Konzentrationslagern!
Also lenkt Gott unser Schicksal und wir dürfen ihn nicht hinterfragen? Nein, auch das scheint mir nicht richtig! Ja, sicher gibt es immer wieder Dinge und Situationen, die wir nicht durchschauen oder falsch einschätzen, aber fragen wird man doch wohl dürfen! Ja, fragen darf man, aber unter Umständen bringt es halt nichts!
Stattdessen hier also die Wende nach Frankl: Nicht wir fragen, sondern wir werden gefragt!  Und unsere Antworten sollen kein Grübeln oder Reden sein, heute müsste Frankl vielleicht hinzufügen: keine Postings oder Kommentare in den social medias, sondern Handeln und zwar richtiges, verantwortungsvolles Handeln!
Es ist so angenehm zu lesen, dass das ein guter Weg sein kann, mit dem Leben umzugehen. Nicht hinsetzen und jammern, beklagen, wie schlecht die Welt ist, vielleicht den Anderen dafür auch noch die Schuld geben, sondern aufstehen und besser machen!
Das kann man zu so vielen Themen anwenden:
Zu viele Flüchtlinge sind zu schlecht integriert!? Es gäbe so viele, die froh wären, wenn sich die Deutschen mit ihnen zusammensetzen würden, um ihnen ihr Land und ihre Sprache näher zu bringen! Warum also nicht mal eine Tour durch die eigene Stadt mit einer Flüchtlingsgruppe organisieren?
In Seniorenheimen versauern die Alten doch nur, weil keiner sich kümmert!? Es gibt so viele Menschen, die keine Ahnung haben, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen und sich zuhause langweilen. Warum nicht mal einen Spaziergang mit Rollstuhlschieben in der Nachbarschaft anfragen und dabei noch einen Menschen glücklich machen…?
Es ist so schrecklich, was mit den Tieren geschieht, die dann als Fleisch in den Handel kommen!? Warum dann selber immer jeden Tag das günstige Angebotsfleisch essen wollen, statt das Ganze auf ein/zweimal zu reduzieren und dafür Fleisch zu kaufen, von dem man weiß, die Tiere hatten ein einigermaßen gutes Leben?
Vielleicht sehen so die Anfragen des Lebens an uns aus? Jeden Tag, immer wieder werden wir gefragt, was tust du, wie wirst du den Anforderungen und den Menschen gerecht? Viele Menschen sind heutzutage unzufrieden. Sie sehen, wie alles den Bach runter geht und betrauern das. Sie haben Angst und schüren Ängste bei Anderen, sie wollen etwas ändern und tun es vielleicht auch, aber häufig geschieht das auf eine negative Art. Anstatt bei Problemen die sie sehen zu helfen, schütten sie immer mehr Öl ins Feuer, in der Annahme sie würden mit ihren Hinweisen und ihrer Meinung etwas aufdecken und damit verbessern…. Ich denke, diese Menschen sind in all ihrer Geschäftigkeit träge geworden. Sie sehen ihre Erwartungen ans Leben nicht erfüllt oder manchmal auch nur für die kommende Generation nicht mehr gewahrt und reagieren auf uneffektive Weise. Vielleicht sollten genau diese Menschen sich besonders fragen lassen, was für Antworten sie verantwortlich ans das Leben geben wollen, welche Aufgaben sie annehmen und welchen sie aus dem Weg gehen… Vielleicht wäre da mach einem schon geholfen!?
Ich wünsche uns gute Antworten für die Fragen, die das Leben uns stellt,

Ihre Iris Gronbach